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Rundum-Betreuung, auch medizinisch

Pflege und Betreuung – auch die medizinische – hat viele Seiten. Um alle abzudecken, lassen wir den ärztlichen Leiter des Altenheims Latsch, Dr. Ernst Oberschartner, Pflegedienstleiterin Eva Pirhofer, die Direktorin Iris Cagalli und Frau Winterholer zu Wort kommen, die im Heim lebt.

Ernst Oberschartner ist seit 1998 im Dienst für Basismedizin im Gesundheitsbezirk Meran tätig und dort seit einiger Zeit gf. Primar des Dienstes für Basismedizin und gf. ärztlicher Direktor. Seit dem Ruhestand von Dr. Ugo Marcadent ist er ärztlicher Leiter im Annenbergheim. Sein Team besteht aus verschiedenen Haus- und Familienärzten, mit denen er sich ebenso abspricht, wie mit Pflegedienstleiterin Eva Pirhofer und der Direktorin. „Ich tausche mich mehrmals im Monat mit den Verantwortlichen des Annenbergheims aus und werde auf dem Laufenden gehalten“, so Oberschartner.

Dr. Oberschartner erzählt, dass Demenz hier, aber auch sonst in der Altenpflege zu den häufigsten Krankheitsbildern gehöre. „Demenz ist die Alterskrankheit unserer Zeit.“ Aber natürlich seien es auch Infektionen oder andere klassische Krankheitsbilder, etwa Herzprobleme. Nach all diesen Jahren macht ihm die Arbeit immer noch Freude, dies sei vor allem der Tatsache geschuldet, dass er ein sehr gutes Verhältnis zu allen Ansprechpartnern pflege und letztlich die Patienten über große Entscheidungsfreiheit verfügten. „Weder gibt es im Annenbergheim Fixierungen von Patienten, noch werden Psychopharmaka verschrieben oder verabreicht, um die Freiheit einzuschränken“, betont der ärztliche Leiter, der zudem unterstreicht, dass das Konzept des selbstbestimmten Lebens seine Arbeit ungemein erleichtere. „Mein einziger Wunsch für die Zukunft ist es, dass es künftig noch mehr Einbettzimmer im Haus gibt, besonders angesichts der Erfahrungen in der Pandemiezeit“, sagt Dr. Oberschartner. Versorgung und Pflege in Latsch seien indes bereits heute sehr gut und besonders beeindruckt zeit er sich vom Bildungsangebot: Der hausintern organisierte Lehrgang für alle Mitarbeiter aus dem Pflege- und Betreuungsbereich „Palliative Care in der Praxis“ mit Prof. Dr. Dr. Berend Feddersen, bei dem auch die Heimärzte einen Vortrag besucht haben, begegne den Herausforderungen der Zukunft. 2022 wurde die Hälfte des Pflegepersonals geschult, 2023 / 2024 folgt ein weiterer Lehrgang.

Dem pflichtet auch Pflegedienstleiterin Eva Pirhofer bei und erzählt, dass auch das Konzept des selbstbestimmten Lebens ein Prozess gewesen sei, „der sich für die Heimbewohner, die Angehörigen und das Personal vor Ort sehr gut bewährt hat“. Auch sie selbst sei mit der Zeit in die Aufgabe der Pflegedienstleiterin hineingewachsen und mittlerweile betreut und führt die Frau mit dem verschmitzten Lächeln ein Pflegeteam von rund nahezu 40 Pflegekräften in Voll- und Teilzeit, die von drei Wohnbereichsleiterinnen koordiniert werden. Sie erzählt, dass sie eigentlich ausgebildete Krankenschwester sei und vor ihrer Zeit im Altenheim von Latsch hauptsächlich in Krankenhäusern gearbeitet habe. „Im Unterschied zu einem Krankenhaus, in dem es hauptsächlich darum geht, einen Krankheitszustand zu verbessern, ist es hier unsere Aufgabe, das Leben in den Vordergrund zu stellen“, sagt Pirhofer.

Die Krankheitsbilder, die das Leben alter Menschen zwangsläufig mit sich bringt, sind laut der Pflegedienstleiterin nur ein Nebeneffekt. Dies mache die Arbeit zwar insgesamt nicht einfacher und auch die Herausforderungen würden damit wachsen, aber dennoch funktioniere das Konzept des selbstbestimmten Lebens sehr gut und letztlich sei dies ein wesentlicher Punkt, warum es den Menschen hier gut gehe. „Auch wenn es von Mensch zu Mensch und von Fall zu Fall immer wieder Schwierigkeiten geben wird und man auch bei der jeweiligen Betreuung innerhalb des Pflegeteams unterschiedlicher Meinung sein kann, so ist es eben die Kunst, mit Patienten und Mitarbeitern einen gemeinsamen Nenner zu finden“, sagt Pirhofer.

Um den gemeinsamen Nenner geht’s auch der Direktorin Iris Cagalli. Sie stimmt zu, dass gerade das Thema Demenz und Palliative Care zum bestimmenden der letzten Jahre geworden sei. Im Heim selbst werden vierzehn SeniorInnen in der Sonderbetreuung Demenz betreut. Seit Jahren arbeitet sie mit den Wohnbereichsleiterinnen am Ausbau eines ausgewogenen Betreuungsmodells für Menschen mit Demenz und es gibt auch eine Arbeitsgruppe, die die tägliche Betreuung im Blick hat. Karoline Santer, eine der beiden Verantwortlichen für die Sonderbetreuung von Personen mit Demenzerkrankungen sagt: „Ich glaube, dass es gerade der jahrelange Aufbau der Struktur und die intensive Arbeit sind, die dazu beitragen, dass die Wünsche der SeniorInnen erfüllt werden können.“

Kurz vor Ende des Gesprächs mit der Betreuungsspitze des Heims kommt eine weitere ausgebildete Krankenschwester zu uns an den Tisch. Frau Winterholter war 40 Jahre lang als Krankenschwester in Innsbruck, Schlanders und Meran aktiv, mittlerweile gehört sie selbst zu den Menschen, die auf Betreuung und Pflege angewiesen sind. Kaum jemand weiß also so gut wie sie, wie sich das Pflegesystem im Laufe der Jahrzehnte verändert hat. Sie erzählt, dass sie hier in Latsch vor allem mit der Medikamentenabgabe sehr zufrieden sei, vorher habe sie diesbezüglich Schwierigkeiten gehabt. „Ich habe in Latsch ein Einzelzimmer bezogen und diese Tatsache schätze ich natürlich, vor allem, weil ich als Rollstuhlfahrerin mehr Raum benötige, als andere Patienten“, sagt Frau Winterholer.

Sie ist Kunstliebhaberin und froh darüber, dass sie in ihrem Zimmer einen Rückzugsraum hat, in dem sie sich ihrer täglichen Lektüre, vor allem über ihren Lieblingskünstler Jörg Hofer, hingeben kann. Sehr gerne beteiligt sie sich an den Ausflügen, die im Heim angeboten werden und war begeisterte Teilnehmerin des Projekts „Kunst kommt Heim“ in der Pandemiezeit. „Ich bin“, sagt Frau Winterholer lapidar, „sehr zufrieden mit meinem Gemütszustand, er befindet sich definitiv in der oberen Höhe“.